Expertengespräche

Im Rahmen des Landesprogramms „Wertevermittlung und Prävention sexualisierter Gewalt in der und durch die Jugendhilfe“ veranstaltet ax-o e.V. in Kooperation mit dem Fachbereich Kinder, Jugend und Schule der Stadt Aachen drei moderierte Expertengespräche zum Thema „Wertevermittlung und Wertedialog“. Nach dem Impulsrefeat freuen wir uns über eine rege Diskussion zwischen pädagogischen Fachkräften, engagierten Ehrenamtlichen und Menschen mit Fluchterfahrung. Abschließend möchten wir dem kollegialen Austausch Raum geben, der in kleinen Gruppen stattfinden wird.

 

III. Sexualpädagogik im Kontext von Flucht, Migration und Männlichkeiten

19.09.2018, 17:00 – 21:00 Uhr, Kurparkterrassen

Let’s talk about Sex?

Liebe, Sex und Partnerschaft sind auch für junge männliche Geflüchtete sensible Themen. Geprägt von den eigenen Emotionen und einem starken Traditionsbewusstsein, müssen sie in einem neuen sozialen Umfeld ihre eigene sexuelle Identität finden. Darüber, wie schwer das ist und welche Faktoren es bei der „Sexualpädagogik im Kontext von Flucht, Migration und Männlichkeiten“ zu beachten gilt, tauschten sich die Teilnehmer bei unserem dritten Expertengespräch in diesem Jahr aus. Dieses fand am 19. September im Rahmen des Landesprogramms „Wertevermittlung und Prävention sexualisierter Gewalt in der und durch die Jugendhilfe“ statt.

Die anwesenden Fachkräfte für Jugendhilfe und Ehrenämtler waren sich darin einig: Bei der Arbeit mit jungen männlichen Geflüchteten ist Sexualität in all ihren verschiedenen Aspekten ein emotional aufgeladenes Thema. Denn neben ungewohnten Geschlechterrollen in Deutschland wirken auch die eigenen Erfahrungen auf das Verhalten und die Einstellungen der Jugendlichen ein. In Wohngemeinschaften treffen etwa sexuell aufgeschlossene Jungen auf ein konservatives Gegenüber, aus Angst vor Diskriminierung verschweigen andere ihre Homosexualität. Weiterlesen

Eine erfolgreiche kultursensible Sexualpädagogik muss junge Geflüchtete somit als Individuen mit unterschiedlichen Geschichten und Gefühlen verstehen. In seinem Impulsvortrag gab Sexual- und Traumapädagoge David Klöcker den Teilnehmern daher zunächst wichtige Tipps für die Beratungsarbeit und stellte dabei das Vertrauen an oberster Stelle. Pädagog*innen sollten einen vertraulichen Rahmen auf Augenhöhe schaffen, in dem die Intimsphäre der jungen Männer geschützt ist und sie sich frei äußern können. Individuelle Diskriminierungserfahrungen, der persönliche Fluchthintergrund und Traumata sollten bei der Beratung immer berücksichtigt werden. Als professioneller Ansprechpartner sollten die Fachkräfte außerdem auch ihre eigene Einstellung zum Thema Sexualität reflektieren – als Privatperson und in der Funktion als Berater.

Aufklärung schafft Prävention

In der freien Diskussionsrunde mit David Klöcker und anderen sozialpädagogischen Fachkräften – darunter auch ax-o-Mitarbeiter Raphael Fachner – im zweiten Teil unserer Veranstaltung sprachen die Teilnehmer offen über ihre bisherigen Erfahrungen bei der Arbeit mit jungen männlichen Geflüchteten. Weiterlesen

Der Umgang mit bestehenden (stereotypen) Geschlechterbildern wurde dabei genauso thematisiert wie sexuelle Gewalt und die Diskriminierung von Homosexualität. Dabei wurde klar: Eine wichtige Präventionsmaßnahme ist es auch, jungen Männern die in der deutschen Gesellschaft geltenden Rechte, Verbote und Werte in Bezug auf Partnerschaft und Sex zu vermitteln – etwa, dass hier jede sexuelle Orientierung toleriert wird.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern für ihren Input und den intensiven Erfahrungsaustausch.

II. Ehre und Patriarchale Strukturen

13.06.2018, 17:00 – 21:00 Uhr, Kurparkterrassen

Die Sache mit der Ehre

Unter dem Titel „Was ist Ehre? Soziale Strukturen, Erziehung und Sozialisation in kollektivistischen, patriarchalen, traditionellen Milieus“ fand am 13. Juni 2018 unser zweites Expertengespräch in Kooperation mit dem Landesprogramm „Wertevermittlung und Prävention sexualisierter Gewalt in der und durch die Jugendhilfe“ statt. Zusammen mit pädagogischen Fachkräften und ehrenamtlich Tätigen sind wir der Frage nachgegangen: Was brauchen Jungs, um patriarchale Strukturen hinterfragen und eine selbstbestimmte Ich-Identität entwickeln zu können?

Dass der Vater die alleinige Macht über die übrigen Familienmitglieder hat, ist für viele unvorstellbar. Pädagog*innen aber begegnen patriarchalen Strukturen in ihrem Arbeitsalltag nicht selten: Auch 2018 ist Unterdrückung im Namen der Ehre ein gesamtgesellschaftliches Problem. Aber welche Mechanismen ermöglichen dieses soziale Gefüge und wie gelingt es insbesondere jungen (Post)Migranten aus diesem auszubrechen? Antworten gab es bei unserem zweiten Expertengespräch von Susanne Reitemeier-Lohaus, Initiatorin und Projektleiterin beim Projekt „Heroes“ des Duisburger Jungs e. V. Weiterlesen

Ehrenkulturelle Strukturen sind vor allem in kollektiven Milieus möglich. In ihren Grundzügen zeichnen diese sich durch einen starken Familienzusammenhalt und Respekt vor den Älteren aus. Werden diese Werte allerdings extrem ausgelebt, verliert das Individuum seinen Stellenwert – dann sichert die Einhaltung der Ehrenkultur die Akzeptanz in der Gruppe. In vielen Fällen gepaart mit Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen führt die Abhängigkeit vom Kollektiv zu einem geringen Selbstwertgefühl. Da Jungen in ehrenkulturellen Milieus keine Verletzlichkeit zeigen dürfen, kompensieren sie dieses oftmals mit Dominanz- und Kontrollanspruch sowie hegemonialer Männlichkeit.

Von Fremdbestimmung zur bewussten Ich-Identität

Wie also können wir (post)migrantischen Jungen, die in patriarchalen Strukturen aufgewachsen sind, den Weg zu einer selbstbestimmten Ich-Identität ebnen? Das Ergebnis unseres Expertengesprächs: Die Jugendlichen benötigen einen geschützten Raum, in dem sie Verletzlichkeit zeigen, sich selbst verwirklichen sowie ein eigenes Verständnis von Ehre entwickeln können. Positive Rollenvorbilder und verlässliche Bezugspersonen geben ihnen den nötigen Rückhalt dazu. Weiterlesen

Wir freuen uns schon auf den nächsten Austausch: Am 19. September 2018 sprechen wir über „Sexualpädagogik im Kontext von Flucht, Migration und Männlichkeit“ und erarbeiten in gemeinschaftlicher Runde weitere Handlungskompetenzen für die pädagogische Arbeit mit jungen männlichen Geflüchteten.

I. Demokratie, Empowerment & Partizipation im Kontext von Flucht, Migration und Männlichkeiten

18.04.2018, 17:00 – 21:00 Uhr, Nadelfabrik

Programm

Mehr Demokratie, mehr Empowerment, mehr Partizipation!

Für die meisten Menschen in Deutschland sind Demokratie und Partizipation ganz selbstverständlich. Doch nicht alle Bevölkerungsgruppen haben die Möglichkeit, aktiv mitzubestimmen. Wie also können wir beispielsweise jungen männlichen Geflüchteten mehr Mitspracherecht ermöglichen? Weiterlesen

Zu Beginn unseres Expertengesprächs berichtete der Erziehungswissenschaftler und zertifizierte politische Bildner Selim Asar von seiner anti-rassistischen Bildungsarbeit beim Duisburger Jungs e. V.. Der Verein bildet Jugendliche zu sogenannten „Heroes“ aus: Indem sie sich für gleiche Rechte unabhängig von Geschlecht und kulturellem Hintergrund einsetzen, werden die Jungen und Mädchen zu Vorbildern für Gleichaltrige. In der anschließenden Diskussionsrunde zur Frage „Wie verträgt sich der Islam mit Demokratie?“ wurde deutlich, dass Demokratie und muslimischer Glaube grundsätzlich nicht in Konflikt zueinander stehen – Basis für eine gelingende Integration muslimischer Menschen ist die Offenheit beider Seiten.

Politische Bildung für jeden zugänglich machen

Im Expertengespräch wurde die Wichtigkeit der geschlechterspezifischen Arbeit betont: Gerade junge männliche Geflüchtete brauchen Vorbilder, die hegemoniale Männlichkeitsvorstellungen abbauen, Vorurteile gegenüber der deutschen Gesellschaft mindern und so eine erfolgreiche Integration ermöglichen.  Weiterlesen

Um eine stärkere Miteinbeziehung der Jugendlichen zu erreichen, sind vor allem zwei Dinge wichtig: die Jungen über die Bedeutung von Partizipation aufzuklären und ihre eigenen Wünsche und Erwartungen anzuhören. Damit Demokratie gelingt, muss politische Bildung für jeden zugänglich sein!

Bei einem lockeren Workshop reflektierten wir das Thema des Abends noch einmal gemeinsam und nahmen viele neue Denkanstöße mit nach Hause. Wir freuen uns schon jetzt auf den weiteren Austausch beim nächsten Expertengespräch zum Thema „Ehre und patriarchalische Strukturen“.

 

Die Veranstaltungen werden gefördert aus Mitteln des Landes NRW.


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